Zum einfältigen Politikschema der AfD in Sachen Europa-Politik/EU
"Die AfD-Vorsitzende Weidel sagte im ZDF,
ihre Partei strebe einen Kompetenzrückbau der Europäischen Union
an. Im Leitantrag der Bundesprogrammkommission heißt es, weil die
EU nicht reformierbar sei, trete die AfD für die Neugründung einer
europäischen Wirtschafts-und Interessengemeinschaft ein, einem
Bund europäischer Nationen..."
Die AfD
folgt einem äußerst einfältigen Politikschema im Verhältnis zur
EU: Sie fordert „Kompetenzrückbau“ der EU – und hält sich nicht
länger damit auf, wozu die Mitglieder dieser Union Kompetenzen
abtreten; dass da was dem nationalen Zugriff entzogen wird, ist
die wesentliche Kritik – außer, dass sie in Abgehobenheit von
jeglichen staatsmateriellen Anliegen für sich und im Verhältnis zu
anderen Nationen eine Gefährdung der „kulturellen Identität“*)
am Werk sieht. Statt dessen soll ein „Bund europ. Nationen“ her,
wo man sich fragt, was das Verbindende sein soll, wenn es doch nur
noch auf die jeweils nationalen Zuständigkeiten der Staaten
ankomme: ganz unbestimmt ist die Rede davon, dass in einem“ Europa
der Vaterländer“ die letzteren Angelegenheiten besser gemeinsam
erledigen könnten. Das Beispiel des unbehinderten Binnenmarktes
ist längst offizielles Programm der EU – wo man sich fragen kann,
wie dies vereinbar sein soll mit der Bornierung darauf, dass ja
keinerlei Abstriche vom souveränen wirtschaftspolitischen Agieren
zuzulassen wären (s. unten).
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*)Kein Staat
der Welt folgt einer „kulturellen Identität“ als dessen Inbegriff.
Was Staaten interessiert, ist die Zuverlässigkeit des Gehorsams
ihrer Untertanen gegenüber den Regierungen und ihrer politischen
Agenda; allenfalls in der Hinsicht machen Staaten von ins Gewicht
fallende Unterschiede: Eingeborene schätzen Staaten auf der
Grundlage verlässlicher Unterordnung als seine Machtbasis, mit der sie nach innen und außen wuchern können; bei
Fremdlingen legen sie grundsätzliches Misstrauen an den Tag, was
deren Einordnung in ihr nationales Gemeinwesen betrifft, insofern
sie einer anderen, konkurrierenden Nation entstammenmit deren eigenen
rechtlichen und sonstigen Gepflogenheiten.
"Für die AfD war es höchste Zeit, die
künftige Entwicklung der EU grundsätzlich zu überdenken. Sie
lehnte es ab, die EU zu einem Staat mit Gesetzgebungskompetenz und
einer eigenen Regierung umzuwandeln und ebenso die Idee der
'Vereinigten Staaten von Europa'."
Keiner,
noch nicht mal die führenden EU-Nationen visieren „Vereinigte
Staaten von Europa“ an – aber die AfD muss vor diesem Phantom
unbedingt warnen. Stattdessen könnte man drauf aufmerken, wie sich
mit der EU Staaten zusammengefunden haben, die als Wirtschafts-
und Währungsunion mehr ökonomische und politische Schlagkraft
hermachen als sie als vereinzelte Nationen je zu leisten in der
Lage wären – und damit abfärbt auf das Gewicht der einzelnen
Mitglieder – allerdings mit dem Haken, dass die Union zugleich als
konkurrierende Veranstaltung ihrer Teilhaber vonstatten
geht mit je unterschiedlichen Resultaten hinsichtlich des
nationalökonomischen Vorankommens der Einzelstaaten.
"...Die
Politik des Europäischen Rats und der Europäischen Kommission
war für die AfD vom Feilschen um Partikularinteressen von
Einzelstaaten und Lobby-Klüngel dominiert..."
Das „Feilschen um Partikularinteressen“
interessiert da wieder nicht von den Zwecksetzungen her, die die
EU-Staaten mit- und gegeneinander verfolgen: genau genommen geht es
gar nicht um Partikulares, sondern jede Nation versucht ihren
Einfluss einzubringen in Sachen Weiterentwicklung der EU und wer
dabei die Federführung hat – wegen der unterschiedlichen Wirkungen
der EU-Politiken haben die nach wie vor in Konkurrenz zueinander
stehenden EU-Mitglieder immer auch die Bedeutung supranationaler
Regelungen auf die jeweils nationale Lage im Blick.
"Die AfD sah den Zweck der Europäischen
Union primär darin, den Rahmen gemeinschaftlichen, europäischen
Wirtschaftens zu gestalten und für faire Wettbewerbsbedingungen zu
sorgen."
Da beißt
sich irgendwas: Rahmen gemeinschaftlichen Wirtschaftens, den die
AfD an dieser Stelle begrüßt, entspricht der jedenfalls teilweisen
Preisgabe autonomen, nationalen Wirtschaftens, was die
Partei gerade mit der Befürwortung „echt“ souveräner Staaten
ausgehebelt haben will.
"Für die AfD ist die weitere Mitgliedschaft
in der Eurozone in der jetzigen Form für den deutschen
Steuerzahler wegen der Eurorettung nicht zumutbar. Deutschland
sollte eine nationalen Währung wie die DM, gegebenenfalls unter
paralleler Beibehaltung des Euro, einführen..."
In Sachen
Euro verpasst die AfD, wie auf der Grundlage dessen, wie sich die
EU-Gemeinschaftswährung längst als Weltwährung etabliert hat, die
Ergebnisse der Konkurrenz in der EU als wirtschaftlicher Notstand
eines Staates wie Griechenland so abgewickelt wurden, dass dessen
Verschuldungskrise im Wesentlichen dieses Land und seine Insassen
auszubaden hatten – und Gelder allenfalls als Hilfskredite mit
strengen Auflagen flossen: strikte Haushaltsdisziplin, härteste
soziale und wirtschaftliche Einschränkungen; dt. Steuergelder sind
garantiert nicht geflossen, stattdessen ist Griechenland auf ewig
den Gläubigerstaaten mit ihren Rettungsschirmen verpflichtet. Und
wie man inzwischen registrieren konnte: die brutale
wirtschaftliche und soziale Rosskur hat das finanzkapitalistische
Renommee Griechenlands ein Stück weit saniert – und was das
Wichtigste ist: der Euro hat
nicht gelitten, er gilt weiter als schlagkräftiges Geld.