Deutsche Arbeitsmarktpolitik
Ein
Pflichtenprogramm für Arbeitslose als förderungswürdige
"aktivierende Arbeitsmarktpolitik"
- die sozialstaatliche Nötigung von Erwerbslosen zu billigster
Plackerei als "freiwillige Vereinbarung"
Die neumodischen sozialpolitischen Titel „Fordern und
Fördern“, das Verständnis von „aktivierendem Sozialstaat“ oder
„aktivierender Arbeitsmarktpolitik“ zum Zwecke der Hilfe zur
„Selbsthilfe“, darunter fasst sich der praktische Zynismus,
gegen die ökonomischen Rechnungen des Kapitals, gegen dessen
geschäftliche Gründe fürs beständige Ein- und Ausstellen von
Lohnarbeitern das Geldverdienenkönnen als Ausfluss
„eigenverantwortlichen“ Aktivismus der außer Lohn und Brot
Gesetzten das Wort zu reden – und wird zugleich geständig,
welche Ausübung behördlichen Zwangs es bedarf, die Pechvögeln zu
ihrem Glück zu verhelfen. Oder so: die in den
Sozialrechtsparagraphen implementierte Gemeinheit ist die, dass
entgegen der faktischen Ohnmacht der Opfer unternehmerischer
Kalkulationen mit der Lohnarbeitskraft dieser unter Androhung
von allerlei sozialpolitischen Erzwingungsmitteln (bis hin zum
Totalentzug von Almosen) als Auftrag erteilt wird, sich
beständig als potentiell nachfragbares Arbeitsmaterial
bereitzuhalten und ggf. zu rüsten für einen unternehmerischen
Bedarf, der gerade und immer wieder aufs Neue abschlägig
beschieden worden ist und wird. Als Unproduktive fürs nationale
Kapital aussortiert, wird ein arbeitsmarktpolitisches
Zwangsregime zur Loswerdung der so Eingestuften sehr notwendig,
nämlich zur Abkommandierung in Arbeitsverhältnisse, für die sich
das Etikett prekäre Beschäftigungen eingebürgert hat: also die
„selbstverantwortliche“ Festlegung auf Beschaffung von
Geldmitteln zum puren Überleben und eher darunter (ergänzend zu
den Hungerlöhnen hat der Sozialstaat das massenhafte
Aufstockertum parat) – allerdings mit entsprechenden
erpresserischen Konsequenzen für die übrige geschäftsnützliche
Arbeitermannschaft, sich in ihrer materiellen „Anspruchshaltung“
zurückzunehmen. – Bestimmte Berufsgruppen wie Verkaufspersonal
oder Friseurhandwerk sind übrigens auch unabhängig von den
Harz-Reformen im Niedriglohnsegment angesiedelt.
„Eingliederungsvereinbarungen“ sind ein
Zwangsinstrument, das als freiwillige Übereinkunft zwischen
Jobcenter und „Kunde“ angelegt ist, wie das primäre Einfordern
gegenüber den Jobcenterkunden vom Arbeitsvermittler gefördert
wird, dem mittels Sanktionsregime nachgeholfen wird. – Was sonst
den Tatbestand der Nötigung erfüllt, geht im öffentlichen Sektor
in Ordnung und soll gedeckt sein durch die Form des
öffentlich-rechtlichen Vertrages. So sehr es im juristischen
Jargon daherkommt, in folgender entsprechender Sprachregelung
kommt überdeutlich der Unterwerfungsakt bzgl. des
Eingliederungsvertrages zum Ausdruck: um „rechtsgeschäftliche
Selbstunterwerfung unter sanktionsbewerte Vereinbarungen“
handele es dabei (vgl. die üblichen Sozialrechtsratgeber wie A.
Brühl, / J. Sauer,: Mein Recht auf Sozialleistungen, 2005, S.
154). So es zu keiner Übereinkunft kommt, macht der
Arbeitsvermittler dies per Verwaltungsakt unmittelbar als von
ihm einseitig verfügte Anordnung.
Die Verpflichtung von total entwerteten Trägern von
Arbeitsvermögen, letzteres über die Aberkennung der Vermittlung
gemäß irgendeines Qualifikationsniveaus, sieht entsprechend aus:
denn fast jede Arbeit ist zumutbar, die nichts mit Verdienen
eines Lebensunterhalts gemein hat: Hilfsarbeiterjobs, Minijobs,
Teilzeit, Leih-/Zeitarbeit, Tagelöhnerei etc. (über die
gesetzliche Definition der Zumutbarkeit, die auf alles zutreffe,
was gesetzlich erlaubt und sittlich geboten sei, hat sich der
Staat eine dehnbare Skala dessen zugelegt, was er alles an
ungemütlichen Varianten des working poor bereithält).
Schlussendlich ist Hartz IV mit seinem Eingliederungswesen die
auf den Punkt gebrachte Klarstellung, dass Lohnarbeiten gegen
die Berechnung auf irgendeinen materiellen Vorteil der
Lebensinhalt von eigentumslosen, ökonomisch Unbrauchbaren zu
sein hat. Wie die Lohnabhängigen zuhauf als sog.
Langzeitarbeitslose geführt wurden, hat den Staat in dieser
Bescheiderteilung offenbar beflügelt.