Tages-Politik - Analyse und Kritik

 
 



30.11.22 – Bundestagsdebatte zu Chinas Corona-Politik:

 

Corona-Proteste in China: eine einzige Sehnsucht nach bürgerlichen
Freiheiten?
Corona-Proteste hierzulande: nicht zu duldender Ungehorsam
gegenüber freiheitlicher Pandemiepolitik

 

Nach dem für die westlichen Polit-Profis China als „autoritäres Regime“ feststeht, dem all die schönen westlichen Herrschaftsprinzipien und Werte abgehen, kommen sie in Höchstform, wenn sich anno 2022 angesichts der 0-Covid-Politik sich Aufmüpfigkeit in China regt: unbekümmert darum, dass in den Hochzeiten der Pandemie die Politik hierzulande auf mehr oder weniger Bewegungseinschränkungen zur Eindämmung der Weiterverbreitung des Virus bestand und sich gegenüber den darüber eingestellten Widerständen von wegen Freiheitsberaubungen nicht gerade wohlwollend gegeben wurde, werden vereinzelte Proteste in China gleich demokratisch übertreibend als einziger Ruf nicht nur nach Freiheit, sondern gleich nach Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in höchsten Tönen gelobt.

Und nicht nur solcherart absurd interessiertes Hineinlesen in das aufkeimende Protestwesen in China, sondern es wird gleich die Überlegenheit bürgerlicher Pandemiepolitik gegen die sog. repressive O-Covid-Politik demonstriert: Massenlockdowns mit der Folge sozialer und Gesundheitsschäden wie wirtschaftlicher Einbrüche stünden für das Scheitern einer Corona-Politik autoritärer Systeme – wurden die aufgezählten Schäden und ökonomischen Ausfälle nicht auch in den imperialistischen Metropolen in Rechnung gestellt mit den diversen Hilfspaketen im Gefolge pandemie-politisch verfügter Schließungen diverser Gelderwerbsstätten oder Bildungseinrichtungen? – Was die angebliche Überlegenheit betrifft: es wird den Chinesen nämlich durchaus konzediert, dass deren rigides Corona-Regime erheblich weniger Gesamtinfektionen und vor allem deutlich weniger Todesraten zu verzeichnen hat als im Westen. Wenn gleichwohl drauf bestanden wird, „autoritäre“ Systeme seien keine Antwort auf die „Herausforderungen der Zeit“, so soll man nicht etwa an den Zynismus der ach so freiheitlichen Pandemie-Politik sich erinnern: nämlich das durchgehende Abwägen, wie viel Tote in Kauf zu nehmen seien, wenn dies mit dem Weiterlaufen oder Wiederanfahren zurückgefahrener kapitalistischer Wertschöpfungsketten zu vereinbaren ginge.

Völlig abwegig wird es, wenn autokratische Corona-Politik jenseits ihres staatsmateriellen Grundes Ausdruck von Angst der Führung vor ihrem Volk sei. Natürlich: wenn nichts als Freiheitsunterdrückung in China unterwegs sei, Volksteile jetzt aufbegehren, muss man nur das Anliegen der Führung unter den Teppich kehren, die menschliche Basis ihres chinesischen Kapitalismus möglichst wenig durch einen Virus zu beschädigen, um auf den Unsinn zu kommen, sich gegen eine Bedrohung, die unterschwellig immer schon vorhanden gewesen sein müsse von wegen unbändigen Drangs nach Menschenrechten, durchs Volk zu wappnen. – Oder anders: wie soll das gehen, gegen ein halbes oder ganzes Volk im verdeckten oder offenen Widerstand anregieren zu wollen? Hier ist eher der imperialistische Wunsch der Vater des Gedankens, nachdem man in jeder Sorte Aufbegehren den natürlichen Drang nach demokratischen Herrschaftsusancen hineingelesen hat, dass sich das als Wegfegen eines zum System-Rivalen erklärten Landes verlängern möge. - Im Übrigen: das, was sich da als Protest äußert, kennt man auch von hierzulande; daraus spricht zwar einiges an Misstrauen in die Herrschaft, bezieht sich allerdings ganz und gar darauf, dass man in dem, wie man als Diener an Staat und Kapital unter normalen Umständen eingeplant ist, also in dieser Dienerschaft, sich zurechtlegend als seine großartige Freiheit, durch Beschränkungen im Zuge der staatlichen Anti-Virus-Politik jedenfalls nicht unverhältnismäßig behindert werden will, verhält sich also durch und durch affirmativ zu seiner Rolle als nützliches Glied im Kapitalvermehrungs- und Staatsladen.