Tages-Politik - Analyse und Kritik

 
 



 
Zum Iran, seiner Protestkultur und den imperialistischen Weiterungen


T e i l  2

02.11.2022 - Zur imperialistischen Ausnutzung der Iran-Proteste

Wenn es in Teil 1 hieß:

"Kongenial der falschen Sehnsucht nach alternativer Herrschaft entdecken die taffen Widerstandskämpfer auswärtige Mächte, von denen sie wissen, dass die machtvolle Mittel an der Hand haben, ihren Traum vom Sturz des iranisches Regimes zu befördern..."
- dann müsste es genauer lauten, dass die falschen Sehnsüchte nach besserer Regentschaft sich ausländische Staatenlenker zum Hebel auserkoren haben, die ihrerseits aus ihren ganz eigenen Gründen umgekehrt die Proteste in Iran als innere Aufweichung des dort beheimateten Regimes sich zunutze machen, um einen sperrigen bis angefeindeten politischen Konkurrenten (der 2. Garnitur in der Hierarchie der Staatenwelt) der maßgeblichen Weltmächte endgültig loszuwerden. Gehört es nicht immer schon zu den Ungehörigkeiten des Irans, dass der sich ohne Erlaubnis der entscheidenden Westmächte Atomwaffen zuzulegen vorhat als Druckarsenal für autonome (Regional-)Politik, dass vom Westen eingestufte feindselige Regimes oder bewaffnete Bewegungen wie im Nahen Osten von den Mullahs in Staatsämtern unterstützt würden? Bekämpft wurde und wird damit die fehlende Unterordnung des Irans unter westliche Weltordnungsansprüche. Deswegen sollten sich die Protestler mal überlegen, was an ihren Ansprüchen an gutem Regiertwerden so fatal ist, wenn es ganz und gar übergeht in eine weltpolitische Affäre, die imperialistische Gewalthaber veranstalten. Oder sollte es das gewesen sein: eine vor den westlichen Maßgaben strammstehende neue iranische Führung als Heilsversprechen in Bezug darauf, was die Protestler umtreibt in Sachen menschenfreundlicher Machthaber?

Hinweis:
als Grundlage für obige Ausführungen ist eine Sendung "Zur Diskussion" im Deutschlandfunk am 2.11.22 hergenommen worden, wo ganz und gar imperialismushörige Diskutanten aus Politik und Wissenschaft über den Iran hergefallen sind - und zwar in Bezug auf die vorgetragene Militanz vorauseilend dem, wie die Westmächte sich vom heutigen Stand her praktisch zu dem Aufrührerischen im Iran und den Reaktionen der dortigen Staatsmacht stellen.


T e i l  1

21.10.2022 – Zu den Protesten im Iran:

Zu den Fehlern der Proteste in Iran und deren Unterstützer

 
"Die Proteste haben nach dem Tod der unschuldigen Mahsa Amini begonnen, die sich, unter dem Vorwurf, die strenge Kleidervorschrift nicht eingehalten zu haben, in Sittenhaft befand und zu Tode geprügelt wurde. Der Tod dieser jungen Frau steht symbolisch für die Unterdrückung der Frauen im Iran, die seit der Islamischen Revolution vor 43 Jahren die Repression mit voller Härte zu spüren bekommen haben...  Der Widerstand der iranischen Frauen ist in der Geschichte des Widerstandes für Freiheit tief verwurzelt. Er hat bereits zu Schah-Zeiten begonnen, während der Herrschaft von Khomeini deutlich zugenommen und schlägt sich auch in den aktuellen Protesten nieder."

Es zeugt von wenig Kenntnis des Verhältnisses von iranischer Führung und seinem Volk, wenn es darauf heruntergebracht wird: schierer Terror der Mullahs, Unterdrückung der Freiheitssehnsüchte, welche letztere jetzt v.a. als Protestbewegung von Frauen sich zeigen würden. Es dürfte kaum ein Funken Wahrheit dran sein: schließlich haben im Allgemeinen die iranischen Massen jahrzehntelang Folgsamkeit auch aus eigenem Antrieb an den Tag gelegt; wie soll sich sonst das Mullah-Regime bald ein halbes Jahrhundert an der Macht halten können, wenn den Leuten das Verhältnis zur Herrschaft eigentlich als Leiden an „Repression“ unterkommen würde?

Es kommt dumm-tautologisch rüber, die Unterdrückung sei dafür gut, um die „Diktatur“ aufrechtzuerhalten – haben Staaten nicht ein paar positive politische/polit-ökonomische Anliegen den Fortschritt der Nation betreffend statt pure Unterwerfung?:

„...Ein zentraler Punkt des Fundamentalismus ist die Unterdrückung der Frauen, damit die Diktatur im Iran beibehalten wird.“


"Die Forderung ist klar und deutlich: Das Mullahregime muss weg. Das Regime versucht den Protest auf die Zwangsverschleierung und den Wunsch der Frauen, sich 'entblößen' zu wollen, runter zu brechen. Uns erreichen Videos von jungen Frauen aus dem Iran, die in den Videos deutlich sagen, dass es ihnen nicht nur um die Zwangsverschleierung geht, sondern um die Grundrechte, die jedem Menschen zustehen."

Was man von dem Inhalt der Proteste vernimmt, wird offenbar, dass die Protestler gar nicht ihrer Untertanenstellung abzuschwören vorhaben, sie sinnen auf ein Verhältnis zur Herrschaft, der sie Zutrauen entgegenbringen können.


"Mit schönen Worten und halbherzigen Sanktionen ist den Menschen im Iran nicht geholfen. Das Regime muss nun mit härteren Maßnahmen unter Druck gesetzt werden. Dazu gehört der Abbruch der diplomatischen Beziehungen, die Schließung aller Botschaften des Regimes und die Anklage von iranischen Führungspersonen vor internationalen Gerichten wegen ihrer Verbrechen gegen die Menschlichkeit sowie eine Listung der IRGC und des MOIS auf der EU-Terrorliste."

Kongenial der falschen Sehnsucht nach alternativer Herrschaft entdecken die taffen Widerstandskämpfer auswärtige Mächte, von denen sie wissen, dass die machtvolle Mittel an der Hand haben, ihren Traum vom Sturz des iranisches Regimes zu befördern. So heben sie die Angelegenheit auf eine genuin imperialistische Ebene – und täuschen sich darin, der imperialistischen Destruktionspolitik in Bezug auf Iran Deckungsgleichheit mit ihrem Verlangen nach Entsprechung der iranischen Mullah-Herrschaft mit ihren Vorstellungen von islamisch inspiriertem Eingehaustsein in der Nation abzulauschen.

Nachweis der Zitate:
https://www.fr.de/politik/iran-proteste-demo-chamenei-interview-frankfurt-sahar-sanaie-exklusiv-zr-91865852.html