München - In Zeiten eines weltweit
wachsenden Nationalismus muss Deutschland nach den Worten von
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier viel mehr als zuletzt
Europa ins Zentrum seiner Außenpolitik stellen. „Es ist unser
stärkstes, unser elementarstes nationales Interesse. Für heute und
für morgen gilt: Europa ist der unabdingbare Rahmen für unsere
Selbstbehauptung in der Welt“, sagte Steinmeier am Freitag in
seiner Rede zur Eröffnung der Münchner Sicherheitskonferenz.
Steinmeier redet mit kritischem Zungenschlag von „wachsenden
Nationalismus“ offenbar der anderen weltweit aktiven nationalen
Konkurrenten – zugleich in scheinbarer Absetzung davon von einem
„elementarem nationalen Interesse“, dass deswegen der ismus am
Nationalen diesem abgehen würde, weil Deutschland „Europa als
unabdingbaren Rahmen“ hinter sich versammele. Wofür? „Für unsere
Selbstbehauptung in der Welt“ - als ob letzteres nicht weniger für
die Unbedingtheit der Geltendmachung nationaler Interessen steht. Es
soll sich aber von dem bösen, engstirnigen Nationalismus dadurch
unterscheiden und harmloser sich geben, weil nicht wie bei den
Rechten einfach Deutschland zuerst der nationale Slogan ist, sondern
weil deutsches Interesse sich als europärisiertes, damit
machtvolleres ausweist, als der anachronistische „Rückzug ins
Nationale“ vergangener Tage. Das ist denn wohl auch die Lehre „der
deutschen Geschichte nach dem 2. Weltkrieg“: die friedliche
Eroberung des Kontinents im Wege der zivilen Zuordnung der
europäischen Nachbarstaaten zu einem deutsch dominierten
Wirtschafts- und politischen Block statt der seinerzeit
gescheiterten konfrontativen Übergriffigkeit gleich gegen die ganze
Staatenwelt:
Deutschland sei auf Europa angewiesen, es dürfe auf keinen Fall
scheitern. Scheitere das europäische Projekt, dann stünden auch
die Lehren der deutschen Geschichte nach dem Zweiten Weltkrieg
infrage.
S. tischt die Lüge auf, es ginge bei dem bisherigen
konkurenzlerischen Gerangel der Staaten um ihren Nutzen aus den
Weltgeschäften unter der von den USA definierten Weltordnung um
„internationale Zusammenarbeit“ und „Schaffung einer friedlicheren
Welt“ für sich - das beschönigende Bild von der Austragung der
Gegensätze unter einem internationalen Regelkanon wird als die
eigentliche Sache hingestellt, bei der es um nichts als
imperialistische Affären geht: Zugriff auf fremde Ländereien zu
eigennützigem Vorteil der Nationen:
„Wir werden heute Zeugen einer zunehmend destruktiven Dynamik der
Weltpolitik. Vom Ziel internationaler Zusammenarbeit zur Schaffung
einer friedlicheren Welt entfernen wir uns von Jahr zu Jahr
weiter.“
Es ist schlicht die Unwahrheit, das Nationale habe ausgedient, weil
im Rahmen einer „übernationalen Rechtsordnung“ die Staaten ihre
Interessen verfolgt haben: die einstige schöne Weltordnung sollte
unter Inrechnungstellung der gegensätzlichen Belange die
Eintrittspforte verschaffen, fremde Ressourcen der geschäftsmäßigen
Bereicherung auf Kosten des anderen Souveräns zuzuführen, also
allgemeiner das nationale Eigeninteresse zu Lasten des anderen zum
Zuge kommen lassen.
Den USA war es deswegen auch nie um eine eine „internationale
Gemeinschaft“ an und für sich zu tun, sondern das von denen
ausgehende Reglement der „internationalen Zusammenarbeit“ nichts als
Instrument, den Rest der Staatenwelt auf den Dienst an der
Weltmächtigkeit der Amis festzulegen – was allerdings den Haken
hatte, insofern es als Einräumung von Rechten und Befugnissen in
Sachen Benutzung der in Konkurrenz zueinander sich betätigende
Kapitalstandorte konstruiert war, sich die im Verhältnis zu den USA
inferioren Nationen z.T., wie Deutschland, für ihren ökonomischen
Aufschwung sich die US-Regeln für den Weltmarkt zunutze gemacht
haben:
„Und unser engster Verbündeter, die Vereinigten Staaten von
Amerika erteilen unter der jetzigen Regierung selbst der Idee
einer internationalen Gemeinschaft eine Absage“, sagte Steinmeier.
Als ob an alle gedacht sei, wenn ein jeder nur an sich denke.
Die Selbstkritik der USA lautete sodann, ihre weltmächtigen
nationalen Interessen nurmehr unter Kündigung dessen zu verfolgen,
was als Rücksichtnahme auf die gegnerischen Belange sich
zusammenreimen würde: von daher die Redeweise Steinmeiers von dem
„Rückfall in das Denken von gestern“.
Dass nach S. im Widerspruch zur Offensichtlichkeit, dass es den USA
in entschiedener Respektlosigkeit gegen ihre bisherigen
Partnernationen in Weltwirtschafts- und militärischen Fragen um ihre
Durchsetzung gegen dieselben geht, dennoch sich weiterhin um eine
„übernationale Rechtsordnung“ zu bemühen sei, ist das Bekenntnis,
wie erfolgsverwöhnt Deutschland unter der amerikanischen Weltordnung
sich gemausert hat – zugleich den Anspruch vor sich her getragen
wird, sich als deutsches Europa mehr auf eigene Potenzen zu besinnen
und zu stählen, ohne dies als weltpolitische Alternative gegen
die Supermacht bis dato jedenfalls aufzumachen - also fürderhin
entgegen der America first-Räson dem hinterherlaufen, wie im
Windschaften der Omnipotenz der Supermacht die Europäer ihren
ökonomischen und politischen Machtzuwachs errungen haben.
Quelle der
Zitate:
https://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.muenchner-sicherheitskonferenz-frank-walter-steinmeier-warnt-vor-zerstoererischem-egoismus.2493af25-55e7-41e3-8327-c67e83153def.html