Tages-Politik - Analyse und Kritik

 
 














27.04.23 – Zur "Kaltstartfähigkeit" (Verteidigungsminister Pistorius) der Bundeswehr im Sudan:

Von der Angeberei, mit der Einsatzfähigkeit deutscher Armee ausgerechnet bei einer
Fluchtbewegung ähnlichen Evakuierungsaktion im afrikanischen Sudan statt in Bezug
auf ein vorwärtsweisendes Staatsinteresse zu prahlen


Das öffentliche Abfeiern dessen, wie flott man mit militärischer Evakuierungsaktion durchgriffsfähig sei ("kaltstartfähig" nach Pistorius) bezeugt einerseits, wie mehr oder weniger umfangreich Deutschland mit welchen Interessen auch immer weltweit eingenistet ist. Andererseits ist es schon eigenartig, die militärischen Kompetenzen ausgerechnet an einem Punkt zu unterstreichen, wo es gar nicht um die offensive Durchsetzung eines Staatsinteresses so geht, dass dafür Militäreinsatz u.U. als adäquates Mittel ausgerufen würde, sondern im Falle eines Rückzuges aus einem Land, wo deutsches Personal als Repräsentant deutscher Interessenlagen engagiert ist. Auflösen tut sich dies Widersprüchliche wohl nur darüber, dass Germany nicht direkt deutsche Einmischungsbelange angegriffen sieht, sondern diese tangiert werden als Begleiterscheinung einer internen kriegerischen Auseinandersetzung im Sudan. Und selbst wenn: es hängt schon von der Gewichtung deutscher Einnistung in fremden Ländern an, ob ihnen dies eine unmittelbare militärische Konfrontation wert ist - allerdings auch eine Frage, ob das Potential bis dahin reicht, im Falle militärischen Eingreifens genauso "kaltstartfähig" sich zu erweisen wie im Falle einer Fluchtbewegung, Außerlandesbringens dt. Staatsbürger. Und da hat deutsches Militär und ihre politischen Oberkommandierende noch so einiges nachzuholen. Einstweilen steht es in nicht wenigen Ländern im Rahmen irgendwelcher Befriedungsmissionen, auch unter UNO-Mandat, mit seinen Militärstiefeln drin, um nationale oder internationale Übereinkünfte feindlicher Parteien abzusichern, aber auch als Ausbildungshilfe für Deutschland oder EU genehme Kräfte vor Ort, fürs Inschachhalten von als Terrornetzwerke Eingestufte.

Auch wenn es keinen handfesten Interventionsbedarf im Sudan gibt, ist Deutschland das politische Geschehen dort alles andere als gleichgültig: statt einem deutschen Vorstellungen genehmen, zivilisierten Zustandekommen einer ordentlichen Regierung mit womöglich Ausstattungsmerkmalen westlich-demokratischer Herkunft begeben sich konkurrierende Inhaber militärischer Gewalt in einen kriegerischen Schlagabtausch darum, wer getrennt von sowas wie einer nationalen Herrschaftsräson überhaupt Zugriff auf die Staatsmacht kriegt. - Was ebenso als Einmischungsbedarf eigentlich fällig wäre ist das eifersüchtige Besichten des Sudan daraufhin, welche anderen, eher gegnerische schwergewichtige Nationen sich gegen den Westen da unten Einfluss zu verschaffen trachten: Russland mit seiner paramilitärischen Truppe Wagner.