Tages-Politik - Analyse und Kritik

 
 














S t a n d  des  U k r a i n e  - K r i e g e s  Febr. 2023


22.02.23

Von Krieg und Gegen-Krieg, von Eskalation und Gegen-Eskalation
und den politischen/polit-moralischen Sprachregelungen dazu


In einer Rede zur Lage der Nation hat Russlands Staatschef dem Westen wiederholt vorgehalten, dass er es gewesen sei, der mit dem Aufbau der Ukraine zu einem hochzurüstenden Vorposten verantwortlich für die kriegerische Auseinandersetzung sei - so etwas wie Bestandteil einer Strategie des westlichen Imperialismus zur "Zerstörung" Russlands. Prompt dementiert der andere Chef der US-Macht, es ginge der um Zerstörung oder Kontrollierung Moskaus.

Wie zu erwarten, tragen Staatsvorseher mitnichten im Klartext vor, wie sie ihre jeweilige weltpolitische Räson umtreibt, bzw. diese kommt mit lauter Rechtfertigungstouren daher: Putins Vorwurf der Ausrottung Russlands als für Nationalisten im Staatsamt unbedingt zu verteidigendes höchstes Heiligtum trifft mitnichten, wie die USA Russland politisch als konkurrierende Weltmacht ins Visier nehmen, diese kleinzukriegen vorhaben, weil sie dem Monopolanspruch der USA auf Weltordnung entgegensteht. Ebenso einiges entfernt davon, wie berechnend die Gegner des Kremls den Gegenkrieg der Ukraine als zugleich ihren Krieg zur Zermürbung nicht nur der kriegerischen Potenzen Russlands handhaben, sondern weitergehend die materiellen Machtgrundlagen des russischen Staates überhaupt zu treffen, ist die Sichtweise, es seien nicht nur in der Ukraine "Nazis" am Ruder (gleichbedeutend mit größter anzunehmender Gefahr für das geliebte Vaterland in Form eines dezidiert anti-russischen Vorpostens), sondern mit der Gemeinde der West-Imperialisten nichts als politische Bösewichte auf dem Weg, dem russischen Vaterland das größtmögliche Unrecht zuzufügen, diesem den Todesstoß zu versetzen.

Natürlich registrieren die Russen die west-imperialistische Respektlosigkeit ihrem Staat gegenüber, der eigentlich nichts zu melden/anzumelden habe auf der weltpolitischen Bühne, dem angesichts des praktisch-militärischen Einspruchs dagegen im Wege ihrer "Spezialoperation" die absolute Anfeindung angetragen wird, wie seitens des westlichen Lagers unter seiner Führungsmacht USA eine anspruchsvolle, mit gewaltigem militärischem Zerstörungsmitteln abgestützte Agenda zur Durchsetzung ansteht, gemäß deren eigennützigen "regelbasierten" Ordnung sämtliche Staaten zuzurichten, erst recht jeden selbstdefinierten Gewaltbedarf einer Großmacht wie Russland nicht zu dulden. Aber als Urteil über die Weltlage und über einem selbst darin wäre das gleichbedeutend mit einer Selbstkritik, sich dem von der Warte eines Respekt beanspruchenden mächtigen Staates zu stellen. Die Russen benehmen sich eben so, wie es sich für Nationen versteht, die sich in einer Lage der Abwehr gegen nationalmoralisch als finstere Absichten übersetztes Zusetzen des westimperialistischen Lagers in Bezug auf die Rolle der russischen Nation in einem fundamentalen Sinne wähnen. - Den rechtfertigenden Überhöhungen gleichgelagert ist die westliche Art, dem Verteidigungskrieg der Ukraine und dessen waffenmäßige Befeuerung durch den Westen weltmoralische Unabweisbarkeit zu bescheinigen, insofern es um die heiligsten Güter der Staatenwelt wie Souveränität und Identität der Ukraine schlechthin ginge, die Moskau auslöschen wolle: es kommt schon ein wenig auf den Inhalt der Souveränität des ukrainischen Schützlings an, wie diese feindlich unter Rückgriff aufs westliche Kriegsbündnis und dessen Militärmittel (einschließlich Militärbasen) sich betätigt, damit substantiell gegen Moskaus hoheitliche Betätigung gerichtet, weshalb der Kreml sich an der ukrainischen Hoheit vergreift.

Mister Biden sagt auch nicht gerade die Wahrheit heraus, wenn der das mit der Kontrolle Russlands dementiert: als souveränes Anbequemen Russlands, von jeder Eigenmächtigkeit Abstand zu nehmen, seine hochkalibrigen Waffen möglichst abzugeben und überhaupt die Regelung der weltweiten Gewaltverhältnisse ausschließlich durch die USA anzuerkennen, sich kraft Einsehen, dass an der Übermächtigkeit der USA und deren Bestimmungsmacht kein Weg vorbeiführe, sich in die politische Bedeutungslosigkeit zu verabschieden - so hätten die Amis die Kontrolle Russlands allemal.

Der Westen liefert ein ums andere Mal mit seinen eskalierenden Waffenlieferungen Russland Anlass für den Übergang, die Schutzpatrone der Ukraine als direkte Kriegsgegner anzugehen. Eskalation sei Russland verboten - erst recht, wenn es sich an den Waffensponsoren vergreifen wollte, die die russischen Fähigkeiten zur Selbstbehauptung gegen einen übermächtigen westlichen Gegner stellvertretend in der Ukraine zu dezimieren gedenken. Dann breitet der US-Chef angeberisch die Selbstgewissheit wiederholend aus, dass Russland mit entsprechend zerstörerischer Antwort des größten Kriegsbündnisses aller Zeiten zu rechnen habe.

Auch die Aussetzung von New Start, von den Amis sowieso mit der Kalkulation angestrengt, sich die Oberheit im Falle von Atomwaffeneinsatz gegen Russland zu sichern, ist da einzuordnen. Sich jetzt als russische Atommacht unberechenbar zu machen, den USA aus der Hand zu schlagen, Russland im Falle eines Falles im Hinblick auf einen für den nationalen Bestand der Supermacht tödlichen atomaren Schlag zu "neutralisieren", dann zeigt sich unser Regierungschef Scholz erneut heuchlerisch besorgt über russische Eskalation, die Moskau nicht zustünde, sprich: den Sieg des Westens durchzuwinken habe.