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Stand: April/Sept. 2019


Dieselgate 2019

Die Reinwaschung eines Autokonzerns von Dieselgate durch die Trennung
des Kapitalvermehrungszwecks als ehrenwertes Anliegen der Autoschmiede
von der unzulässigen Geschäftspraxis von Managern und Ingenieuren als
deren persönliches Vergehen

 

Jahrelang haben Automultis wie VW ihr Geschäft damit gemacht, dass man es mit den vorgeschrie-
benen Abgaswerten nicht so genau genommen hat bzw.: findige Ingenieure und Softwareentwickler
haben einen kostengünstigen Weg gefunden, irgendwelchen Vorgaben in Sachen Autoablässen pro
forma zu genügen: auf dem Prüfstand wurde denen Genüge getan, im echten Verkehr haben Ab- 
schaltvorrichtungen ihren Dienst erwiesen. Seit dieser Schwindel in den USA publik wurde, machen
Staat und Kapital hierzulande auf Schadensbegrenzung: neue Abgasprüfverfahren, Rückruf der
betroffenen Autoserien zwecks Softwareupdate – allerdings mit der Konsequenz, dass dies nicht
einfach die technische Behebung in Sachen Einhaltung der Abgaswerte nicht nur auf dem
Prüfstand, sondern auch im Verkehr ersetzt, sondern berichtet wird von neuerlicher Trickserei bei Abgasrückführung wegen drohender Motorschäden und anderen Ausfällen am Gefährt*) (darüber die Fahrzeugentwertung fördert), auf die Ebene von Rechtsstreitigkeiten verlegt ist, ob trotz und mit Softwareupdate ein wieder gut zu machender Schaden/Mangel in Anschlag gebracht werden kann,
es eben Stimmen gibt, die sogar mehr Schadstoffausstöße registriert haben wollen+)  -,nach langem
Hin und Her freiwillige Hardwarennachrüstung, die die Autohersteller wegen des Aufwands eher
scheuen – und v.a. eine Geschäftsoffensive, die mittels Prämien zum Kauf neuer Fahrzeuge mit den
besseren Abgasnormen animieren sollen; signifikant zu Buche schlagende Schadensersatzregelungen
sollen den Autokonzernen erspart werden; was eine anhängige  Musterfeststellungsklage letztlich
hergibt, steht in den Sternen, was die finanzielle Behelligung der Automafia betrifft.

Ansonsten sehen die Altdieselbesitzer u.U. alt aus, wenn ihre Abgaswerte nicht mit den allerdings
flexibel auslegbaren Luftreinhaltungsgeboten in den Städten zu vereinbaren gehen und deshalb
Fahrverbote drohen - die das ihre zur Entwertung der Karossen besteuern -,die die politisch Verant-
wortlichen am liebsten vermeiden wollen wegen der Eintrübung des ganzen geschäftlichen Umfeldes, deswegen selektiv nur bestimmte Straßenzüge für gewisse Dreckschleudern gesperrt werden, sodass
sich die Abgase anderweitig entsprechend konzentrieren; wenn es hoch kommt, wie in Stuttgart,
werden auch schon mal großräumiger Verbotszonen verfügt.

Insgesamt ist es VW gelungen, aus der Skandalisierung der Abgasmanipulierungen so ziemlich ge- 
schäftsunschädlich herauszukommen. Es werden sogar vermehrte Absatzzahlen gemeldet.

Da fügt es sich hervorragend,wenn zuerst in den USA ein dort früher führender Manager,der sich ebenso
wie hierzulande nichts als dem geschäftlichen Wohl seines Arbeitgebers und Weltunternehmens VW verschrieben hat, als dessen strafwürdiges Verhalten verfolgt wurde, was dieser einzig im Dienst an
seine Firma
betrieben hat. Als Wink für die Wiederherstellung des guten Rufs der Autoschmiede hat
die Firma den Manager, der ohnehin angesichts mehrjährigen Gefängnisaufenthalts erstmal keinerlei Gelegenheit zu geschäftlicher Betätigung mehr wahrnehmen kann, als Mitarbeiter von VW gekündigt,
also der staatlichen Freiheitsberaubung die existenzielle Vernichtung des früher lieben Mitarbeiters hinzugefügt – worüber der Konzern so tut, als ob das, was als kriminelle Machenschaften dingfest
gemacht wurde, dem Geldvermehrungsinteresse von VW abhold wäre, für das seine Manager und Unterabteilungen einzig unterwegs sind. Der Konzern macht sich zunutze, dass nicht er auf der Ankla-
gebank sitzt, sondern seinen Mitarbeitern wie ein persönliches Delikt angekreidet wird, was überhaupt
nur in der Unterordnung unter dem Firmenzweck grenzenloser kapitalistischer Bereicherung aufgeblüht
ist. Ansonsten war es der Reputation als im Allgemeinen ehrenwerte Geldvermehrungsschmiede förder-
lich, über einen Vergleich mit den Rechtseinrichtungen in USA durch großzügige Schadensersatzzahlun-
gen, die der akkumulierte Kapitalreichtum offenbar lässig hergegeben hat, seine Schuldigkeit getan zu
haben.

So wie jetzt, anno 15.4.19: Der ehemalige deutsche Spitzenmanager Winterkorn wird angeklagt u.a.
wegen Betrugs – und der Konzern macht gleich die Scheidelinie, was als juristischer Einzelfall zuge-
schnitten ist, berühre ihn als dieses Unternehmen nicht, für dessen Wohlergehen auch ein Winterkorn jahrelang einstand, der nun das Pech hat, dass ihm Dieselgate als unerlaubte Geschäftspraxis straf-
rechtlich angehängt wird.

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*)https://www.diesel-gate.com/diesel-software-update:
"Vereinfacht lässt sich zusammenfassen, dass durch das Software-Update der Dieselmotor nun
immer im Prüfstands-Modus, dem sogenannten „Modus 1“- läuft. In dem „Modus 1“ist die
Abgasrückführungs-Rate deutlich höher als im normalen Straßenbetrieb. Der Wagen befindet
sich nach dem Update also quasi im permanenten „Schummel“-Modus. Durch eine erhöhte
Abgasrückführung gelangen weniger Abgase nach außen, so dass der Stickoxid-Ausstoß sinkt.
Die Abgase werden dafür zurück in den Motor geleitet, was die sogenannte „Versottung“ oder
Verrußung begünstigt und zu Motorschäden führen kann."


+)Nachtrag
Nach ARD-Kontraste-Sendung v. 5.9.19 handele es sich bei Softwareupdate zur Abgasrückführung ebenso um
Schummel-Software dahingehend, dass nur bei bestimmtem "Zeitfenster" zwischen 15 und 30 Grad die Software
ohne "Nebenwirkungen" wie Verrußung des Motors arbeite, d.h. nur über wenige Monate, wo allenfalls Durch-
schnittstemperatur von über 15 Grad erreicht werde. Unter "realen Bedingungen" schalte sich die Software
bei unter 15 Grad ab, weil mit Verrußung die Beschädigung des Motors drohe. Deswegen müssten eigentlich
alle Diesel mit dieser Software aus dem Verkehr gezogen werden wegen deutlich erhöhter Abgaswerte
in kälterer Jahreszeit. Das Kraftfahrtbundesamt würde im Übrigen diese Praxis der Autohersteller dulden. -
Andererseits: :Lt. technischer Experten könnte man das "Zeitfenster" auch so organisieren, dass überwie-
gend die Abgasrückführung problemlos funktioniere, aber Autokonzerne aus Kosterngründen dies scheuten.





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