Tages-Politik - Analyse und Kritik

 
 










 

20.12.22 – Zum Korruptionsfall im Europ. Parlament:


Lobbyismus anerkannt und ausdrücklich erlaubt – Korruption verboten und strafbar – wie das?

 

Da lässt sich offenbar eine Vizepräsidentin und andere EU-Abgeordnete einige Hunderttausende Eur gegen politische Berücksichtigung von Anliegen dritter Staaten aushändigen. Nur nebenbei: wie dumm muss man sich anstellen, die Gelder in Säcken und Koffer in den eigenen 4 Wänden aufzubewahren, wo im Falle eines Falles das Material für Korruption den Ermittlungsbehörden frei Haus geliefert wird: wenigsten die Errungenschaft von anonymen Schwarzkonten wäre doch wohl der geradlinigere Weg gewesen. - Nach Bestreitung der Schmiergeldzahlungen soll ein Beschuldigter aus dem Umfeld der Vizepräsidentin diese eingestanden haben.

Immer wenn von den normalen politischen Geschäftsabläufen Abweichendes zum Vorschein kommt, sei erstens mit das Wichtigste für die betreffenden Institutionen, dass die darüber eingetretene Schädigung von Ruf und Vertrauen hier ins EU-Parlament ganz schnell wieder geheilt werden müsse: es ist dies eine ganz sachfremde und interessierte Abtrennung des politischen Alltagsgeschäfts davon, wie darin immerzu angelegt ist, dass partikulare Interessen sehr direkt auf Einflussnahme auf politische Entscheidungen oder Gesetzesvorhaben aus sind. Zweitens soll die Wiederherstellung von Ruf und Vertrauen darüber erfolgen, dass alle möglichen Regelungen bezüglich des Kontakts von EU-Parteien/-Abgeordneten zu Privatpersonen oder ganzen (Dritt-)Staaten auf den Prüfstand gehörten, womit allerdings das Eingeständnis lanciert wird, dass der Boden für Bestechungsaffären gar nicht aus der Welt geschaffen wird: es geht um deren Einhegung oder frühzeitige Aufdeckung.

Dass der Grund für Bestechungen stets erhalten bleibt, das kommt schon daher, dass es innerhalb der Staaten permanent um privatwirtschaftliche Interessen geht, deren geldwirtschaftliche Betätigung entscheidend die Räson von deren Nationalwirtschaften ausmachen, insofern sie vom privatkapitalistisch in die Welt kommenden Geldreichtum leben. Nach außen hin geht es laufend um Aushandlungen von Staaten nützlichen Zugängen zu Ihresgleichen (i.d.R. geht es um die wechselseitige Taxierung als fremde Reichtumsquelle).

Und da liegt nun der gar nicht wesentliche Unterschied zwischen Bestechungsversuchen und ordentlichem polnischen Händeln: wo es immerzu auf der Grundlage der prinzipiellen Anerkennung von Einzelinteressen in Bezug auf die kapitalistische Verfasstheit der Staaten und Einsackung von Vorteilen im Staatenverkehr geht, soll der Eindruck vermieden werden, dass Politiker als Vollzugsorgan privater oder fremder Staatsinteressen sich benehmen. Ganz anders soll es sein, wenn sich erstere kraft souveräner Entscheidung, als Bestandteil der übergeordneten Staats- oder EU-Räson sich der Partikularbelange von Personen oder Staaten annehmen und deren Berücksichtigung politisch oder gesetzgeberisch sich einleuchten lassen, was explizit erlaubter Lobbyismus sich nennt – wo dann auch immer Abwägungen hinsichtlich anderer Interessen oder dem Insgesamt des Gemeinwesens anstehen