Tages-Politik - Analyse und Kritik

 
 





























26.03.24 – Zum Tarifabschluss von Lokführergewerkschaft GDL und Bahn - 2024:
      

Tarifeinigung GDL-Bahn: eine einzige Rücksichtnahme auf die
geschäftlichen Interessen der Deutschen Bahn!


Als wichtigste öffentliche Botschaft der Tarifeinigung zwischen GDL und Bahn wurde verkündet, es herrsche jetzt mindestens 2 Jahre Friedenspflicht; die als auffallend aufmüpfig gehandelte Lokführergewerkschaft gäbe einstweilen Ruhe an der Streikfront. Dies ist nichts als parteilichen Stellungen zu Tarifauseinandersetzungen geschuldet: es interessiert nicht die Bohne, weshalb Arbeitnehmer- und Unternehmerinteressen regelrecht aneinandergeraten, dass die Vertretung der ersteren immer wieder neu sich gegen die Verschlechterung der Lage der bei ihr Organisierten in Form von Lohnverlusten und gesundheitlichen Verschleiß aufstellen muss, den Beschäftigten beigebracht durch das Unternehmen und die Profiterwirtschaftung eben auf Kosten der Eigentumslosen als entscheidende Voraussetzung für das Verdienen eines Lebensunterhalts. Die Hetze gegen die Arbeitskämpfe verdankt sich der parteilichen Sicht derer, die als Nutzer öffentlicher Verkehrsmittel unterwegs sind: nämlich als Kunde lässt man sein Interesse am störungsfreien Transport mit der Bahn einseitig raushängen - wo eben Null von Belang ist, wie Gewerkschaften darauf verwiesen sind, gerade dem Geschäftsgegenstand der Bahn (das Hin- und Herfahren aus beruflichen oder privaten Gründen oder die Nutzung des Zugsverkehrs als Transportmittel durch Gewerbetreibende) in die Quere zu kommen, um dem Tarifgegner was abringen zu können.

Die professionellen Begutachter des Tarifabschlusses vermelden in Kenntnisnahme der Bahnfreundlichkeit desselben gleichwohl die gemeine Diagnose, dass das Gewerkschafts- und Arbeiterinteresse an weniger Arbeitszeit aus der Zeit gefallen sei und die Bahn die Mehrkosten aufgrund des Abschlusses in üblicher Manier abzuwälzen sucht: also im ersten Fall die Klarstellung, dass das Unternehmensinteresse absolute Vorfahrt habe und das Arbeitnehmerinteresse nichts als dem Arbeitseinsatz für seine Ausnutzer zu gelten habe statt auf seine Notwendigkeiten Acht zu geben; im zweiten Fall wird der GDL und Beschäftigte reingerieben, auf Kosten der Bahnkunden sich Vorteile zu verschaffen, was einzig Resultat der Kalkulation der Bahn mit irgendwelchen Mehrkosten ist.

Betreffend des Tarifergebnisses Folgendes im Überblick:

Stufenweise Senkung der Wochenarbeitszeit auf 35 Stunden bis 2029, wo im Allgemeinen ab 2026 um je 1 Std. gekürzt wird bei gleichbleibendem Lohn. Es soll aber die Wahlfreiheit geben, auch länger zu arbeiten, wofür Zuschlag von 2,7 Prozent Mehrverdienst möglich ist.
Laufzeit: 26 Monate.
Lohnerhöhung von ca. 400 in zwei Schritten.
Inflationsausgleichsprämie von ca. 3.000,- Eur.

Die allmähliche Arbeitszeitverkürzung stellt offenbar in Rechnung, wie das Unternehmen dieselbe sofort übersetzt als Kostenproblem, als Belastung der Gewinnsituation. Es wird der Bahn also die Freiheit eingeräumt, sukzessive ihre betrieblichen Rechnungen möglichst profitförderlich angesichts der Arbeitszeitreduzierungen entsprechend auszurichten. Und da weiß man doch längst, wie sich Kapitalisten da schadlos halten: mehr Arbeitseinsatz in kürzerer Zeit; ob und in welcher Weise Rationalisierungen durch Einsparung bezahlter Arbeit zum Zuge kommen, mag in dem Spezialfall Deutsche Bahn dahingestellt sein (die Anschaffung modernerer Loks und deren Bedienung ist was anderes als die Einführung produktiverer Maschinerie im Industriebetrieb, für deren Betreiben weniger bezahlte Arbeitskräfte benötigt werden). Zudem macht sich die Bahn zunutze, dass die Arbeitszeitverkürzung gar nicht als verbindliche Maxime Einzug nimmt, sondern alternativ je nach Bedarf die Beschäftigten auf Mehrarbeit mit Zuschlag von 2,7 Prozent zurückgreifen können. Also auch diesbezüglich eher ein Sieg der Bahnverantwortlichen: nämlich im Wissen darum, dass die in Lohnarbeiterarmut Gehaltenen eher auf Mehrverdienst angewiesen sind, erkauft sich die Bahn mit läppischem Lohnaufschlag die Leistungen für ihre Gewinnrechnungen, wie sie diese kalkuliert. - Nicht zuletzt hat das Bahnkapital mit seiner Preispolitik ein Hebel an der Hand, die Mehrkosten aus dem Tarifabschluss den Kunden der Bahn in Rechnung zu stellen - und perspektivisch ohne signifikante Gewinneinbrüche darüber, dass die Arbeitszeit von 35 Std. nicht auf einem Schlage fällig wird, sondern die stundenweise Abnahme der Arbeitszeit pro Jahr unter Inanspruchnahme derselben durch lediglich Teile der Belegschaft dafür geeignet ist, die Ticketpreissteigerungen im Rahmen des Üblichen dessen zu halten, wie von der bisherigen Preispolitik der Bahn her geläufig ist - auch wenn professionelle Kenner des kapitalistischen Wirtschaftsgeschehen gleich wittern, dass mehr Kunden auf andere Verkehrsmittel umsteigen würden, wenn ihnen die erhöhten Bahnpreise nicht mehr geheuer seien.